Eines der jüngsten Werke des Tessiner Architekten Mario Botta steht seit letztem Jahr im Weiler Uecht, rund 13 Kilometer südlich von Bern: die Sternwarte ‹Space Eye›. Botta ist ein Architekt der starken Formen, wofür ihn die einen loben und die anderen kritisieren. Doch Botta wäre nicht Botta, würde er für ein Observatorium nicht ein Gebäude entwerfen, das diese Funktion in prägnante Architektur umsetzt: ein Auge. Dieses sieht jedoch nur, wer das Observatorium von oben – quasi aus dem All – betrachtet.
Geschützt vom Streulicht der Stadt Bern, kann man im ‹Space Eye› durch das grösste Teleskop der Schweiz den Weltraum beobachten. 1,2 Tonnen schwer ist das auf einem starken Betonbein, dem Stempel, ruhende Ein-Meter-Teleskop. Es ist das Herzstück der Sternwarte, und folgerichtig bildet es die eigentliche Iris in dem zum Himmel gerichteten Auge. Da die neue Sternwarte auch dem Publikum offensteht, ist das Teleskop mit Ausstellungsräumen und einem 80-plätzigen Planetarium angereichert. Von diesen zusätzlichen Räumen ist nur wenig zu sehen: die Treppe, die nach unten zum Eingang führt, ein Kranz runder Oberlichter, die das Auge wie Tränen umspielen, und der oberste Teil der Planetariumskugel.
Rund um den Stempel, der von der übrigen Konstruktion völlig losgelöst ist, führt eine Wendeltreppe aus dem Untergeschoss bis auf die Dachterrasse zur Kuppel, die das Teleskop umhüllt. Um den Blick ins Weltall, den Besuch der Ausstellungen und des Planetariums auch Personen mit eingeschränkter Mobilität zu ermöglichen, verbindet ein Lift die Geschosse miteinander.
Obschon der Lift auch auf die Dachterrasse führt, durfte er von aussen nicht zu sehen sein. Er hätte sonst die linsenförmige Form des Gebäudes zerstört und gewirkt wie ein Splitter – oder vielmehr ein Balke – im Auge. Lifte, die aus dem Boden auftauchen, kennt man aus engen städtischen Situationen. Es sind Maschinen zum Warentransport ohne Personenbegleitung. Sie überwinden als Plattform ein Geschoss und verschwinden nach Gebrauch im Boden. Bei der Sternwarte muss diese Maschine jedoch als vollwertiger Personenlift funktionieren und insgesamt vier Geschosse anfahren können. Was tun?
Die Idee der Ingenieure von Emch Aufzüge: Sie geben dem Lift den Schacht gleich mit auf den Weg. Wenn die Sternwarte in Betrieb ist, fährt vor der Veranstaltung die leere Kabine nach oben, koppelt unterwegs den parkierten Kopf des Lichtschachts an und stösst ihn aus dem Dach. Dort wird der Schacht verriegelt, und die zusätzliche Haltestelle steht zur Verfügung. So wächst aus dem Dach jedes Mal aufs Neue ein Lift, der uneingeschränkt zum Transport von Personen verwendet werden kann. Nun kann sich das Publikum auf dem Dach versammeln. Wenn der Anlass vorbei ist, nimmt die Kabine den Schachtkopf mit der obersten Haltestelle wieder mit auf den Weg nach unten und parkiert ihn so, dass der Schachtdeckel bündig mit der Terrasse ist. Wer jetzt aus dem Weltall – oder auf Google Maps – auf die Erde blickt und nach Uecht bei Bern zoomt, sieht dort Mario Bottas ‹Space Eye› in seiner reinen Form.
Emch hat hier eine Konstruktion entwickelt, die es in dieser Art bisher noch nicht gab. Das Konzept ist einfach und lässt sich problemlos auf andere Situationen adaptieren. Eine Dachterrasse in der Altstadt, die keine permanenten Aufbauten duldet? Kein Problem! Ein Dachrestaurant an exponierter Lage, das nur bei schönem Wetter betrieben wird? Der Dachlift macht es auf diskrete Art möglich. Haben Sie weitere Vorschläge? Die Ingenieure von Emch Aufzüge brennen darauf, ihr Können gemeinsam mit Ihnen als Architektin oder Bauherrschaft an ungewöhnlichen Orten zu beweisen.